Angedacht

Liebe Gemeinde,

 

das Ehepaar auf der Rolltreppe des Einkaufszentrums vor mir, die Frau an der Kasse hinter mir, der Mann an der Ampel neben mir – alle sind nahe und doch weit weg. Weil sie nur mein Äußeres sehen, mich aber nicht wirklich kennen oder verstehen. Weil sie nicht wissen, was mich in meinem Inneren belastet, lähmt und weglaufen lässt.

Ging es Ihnen selbst einmal so, dass Sie nicht mehr weiterwussten? Nicht, weil Sie alles falsch gemacht hatten. Aber Sie hatten Schweres erlebt und sahen den nächsten Schritt nicht mehr. Das passiert nicht nur Ihnen und mir. Der Hirtenjunge und spätere König David, ging in seinem Leben durch viele Tiefen. Er wusste oft nicht mehr weiter. Und menschliche Hilfe war mitunter weit weg. Genau in solchen Situationen erfuhr er, dass Gott da ist. Deswegen sprach er mit ihm – und merkte: Gott ist da. Ja, er ist sogar ganz nahe. Er sah ihn zwar nicht, aber David sagt im Psalm 34,19: „Der Herr ist denen nahe, die ganz verzweifelt sind und alle Hoffnungen verloren haben“. Wir können auch sagen, Gott ist da, wenn bei uns alles „drunter und drüber geht“. Er interessiert sich für dein persönliches Leid! Er will bei dir sein, wenn du hoffnungslos bist! So lernen wir Gott in diesem Bibelwort von einer Seite kennen, die uns eine große Hilfe sein kann. Gott ist nämlich der, der sich uns zuwendet und, der sich unser erbarmt. Versteht Gott mich? Ja! Denn er wurde von seinen Feinden gehasst, von einem Bekannten verraten, einem Freund verleugnet, von allen verlassen. Er kann mitempfinden.

Er ist da, auch wenn wir seine Nähe physisch nicht erkennen können. Er versteht dich. Er hört dir zu. Gott ist dir nahe! Und er ist denen nahe, deren Herzen zerbrochen sind, die am Boden liegen, deren Liebe und Zuneigung mit den Füßen getreten wurde. Deren Gedanken Karussell fahren. Ich will mich daher aufmachen, will ihm sagen, wie mir zumute ist. Und dann will ich hören, was er mir sagt und mir rät. Doch bedenke: Gott hilft nicht immer so, wie wir es uns wünschen. Aber er gibt uns, was wir brauchen. Das ist oft mehr, als wir ihm zutrauen. Denn Gott hat ein offenes Ohr für uns und ist uns nahe. Das ist ein Grund ihm zu danken!

 

In diesem Sinne bleiben Sie behütet,

Ihre Pfarrerin Franziska Geißler