Impressionen aus Gottes Garten …. auf der Landesgartenschau 2017

Seit Pfingstmontag sind unsere Gemeinden für die Ausgestaltung der Woche in Gottes Gartenhaus zuständig.
Viele Menschen haben sich beteiligt. Wir haben biblisch gekocht und vieles verkostet. Menschen haben sich an die lange Tafel gesetzt, gesessen und sind miteinander ins Gespräch gekommen. Die Pflanzenbörse fand guten Anklang. Eine Pflanze von der Landesgartenschau — ein besonderes Andenken. Wir haben Oliven verkostet unter dem Olivenbaum. Und die Granatäpfel leuchteten besonders einladend. Duftseifen lockten die Menschen heran, selbst einmal die Finger in das Wasser zu tauchen und ein schönes Geschenk mit nach Hause zu nehmen. Auch das meditative Malen bot Rückzugsbedürftigen einen Ruheort. Heute ist die Kreativgruppe vor Ort und wir dürfen gespannt sein, welche Tiere mit ihr die Wiese bevölkern.

Foto: Herr Roterberg

Predigt Pfingstmontag auf der Landesgartenschau

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt!

Liebe Gottesdienstbesucher!

Hoch sollen Sie schweben! Dieser Frosch braucht Feuer unter dem Hintern. 70 bis 80 Grad Celsius muss der Temperaturunterschied betragen, damit er abheben kann. Man muss Sie ordentlich anfeuern, dann aber steigen Heißluftballone weit in den Himmel! Wird die Luft im Inneren erhitzt, wiegt sie weniger als die Luft außerhalb der Hülle. Und das erzeugt Auftrieb. Die Fahrtrichtung bestimmt dann allerdings allein der Wind. Da schweben sie hoch oben mit lustigen Figuren. Ein Dinosauerier mit Geburtstagstorte, die eine heiße Füllung verspricht. Ballons in allen Farben, als Clown, mal auch mit den Beinen nach oben gestreckt. Selbst Darth Vader erhebt sein Gesicht, der Sonne entgegen. Auch Obelix ist mit von der Partie. Normalerweise geht Obelix nur in die Luft, wenn er nicht genügend Wildschweine zu futtern bekommt. Beim Ballon Festival im schweizerischen Chateau-d‘ Oex steigt dieser Hitzkopf einfach so in die Höhe. Jedes Jahr zieht es Ballonfahrer und Zuschauer aus der ganzen Welt an diesen Ort. Ballonfahren ist pure Magie: meditativ, erfrischend und einfach erhebend! Kein Wunder, dass einer der ersten deutschen Heißluftballonfahrer eine Frau war. Wilhelmine Reichard hob bereits 1811 ab – und tat es immer wieder. Die Stille in der Luft wird nur vom gelegentlichen Fauchen des Brenners unterbrochen, der mit Feuerkraft zum Auftrieb verhilft.

Heute feiern wir Pfingsten. Hoch soll sie schweben die Kirche. Sie hat Geburtstag. Es ist das Fest des Heiligen Geistes. Eine unsichtbare und unbegreifliche Größe, die dem Feuer nah ist. Wenn es von Jesus heißt: „er wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ In diesem Wort des Johannes lässt sich die Leidenschaft und Entschiedenheit mit der Jesus auftritt erahnen. Der Geist Gottes ist eine Kraft, die so einige herkömmliche Erwartungen sprengt. Manche lässt er mit offenen Mündern staunend am Wegrand stehen. Dann gibt es die, die eine Fluchtgelegenheit für sich selber suchen und finden. Erst noch dies und das tun und dann bereit sein für Gott. Diesen alten Zopf schneidet Jesus in aller Klarheit ab. In anderen springt ein Funke über und es entbrennt ein Feuer von ungeahnter Kraft in ihnen. Sie lassen alles stehen und liegen und folgen ihm. Jesus feuriger Geist begeistert die Menschen. Wo er ist kommen Menschenmassen zusammen. Sie wollen sein Wort hören und schauen was es mit den Geschichten um ihn herum auf sich hat. Plötzlich sind sie von seinem wärmenden Blick ergriffen. Seine Hände berühren kalte Seelen und entfachen neues Leben. Er sieht die, die weit nach oben in die Bäume klettern und die eigentlich kaum jemand ansehen mag. Jesus Gegenwart wirkt wie ein Feuersturm. Altes und verdorrtes wird ins Feuer geworfen, das Lebendige nach oben getragen. Über das sichtbare Leben hinaus. Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie zuvor. Mehr als 2000 Jahre später ist sein Leben und Wirken auf der ganzen Welt lebendig. 2,26 Milliarden Anhänger soll es heute weltweit geben. Christinnen und Christen, die im Glauben an Jesus Christus das bilden, was wir „Kirche“ nennen. Alle in einem Korb, vom Feuer des Glaubens angetrieben und himmelwärts gerichtet.

Die Kraft des Heiligen Geistes verbindet Menschen verschiedener Generationen, Geschlechter, Kulturen und Persönlichkeiten. Das Feuer der Leidenschaft kann für manche Momente unterschiedliche Ansichten beruhigen, es kann die Sehnsucht nach dem Fliegen wieder erwecken und so manchen starr zu Boden gerichteten Blick in der Kirche selbst erheben. Gottes Geist lässt mich fragen. Er stellt mich in Frage. Gott handelt. Gott bringt sich selbst zur Sprache. Gott redet aus dem brennenden Dornbusch. Er überwindet mich. Er schenkt mir den Glauben. Er gebietet mir Einhalt. Ein Blick in sein Angesicht ist nicht zu ertragen. Es ist heute gar nicht so leicht zu bekennen: Ich glaube an Jesus Christus und an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche. Schon zur Zeit der ersten Gemeinde wurden die Christen als Spinner und Träumer ausgelacht. Das Rot, das die Altäre an Pfingsten tragen, erinnert an das Blut der Märtyrer, die ihr Leben für diesen Glauben an Jesus Christus hergaben. Wir schauen in die Gesichter von Frauen und Männer, die sich nicht ängstlich verstecken, oder ihre Türen verschließen. Ich denke an die zwei Frauen Perpetua und Felicitas, deren Schicksal zuverlässig überliefert ist. Perpetua, die Beständige. Felicitas, die Glückliche. Beide sind sie Mütter und beide erleiden sie im Jahr 203 nach Christus das Martyrium. Sie verzichten auf ihr Leben um der Liebe zu Jesus Christus Willen. Sie lassen sich auf kein Bekenntnis zum Kaiser zwingen. Eine kaum auszuhaltende, unvollstellbare Lebensentscheidung. Sie halten Jesus Christus die Treue. Die verspottenden Bemerkungen des Wachmanns werden für Felicitas zum Anlass, die Trennung von der irdischen zur himmlischen Welt zu vollziehen. Sie ist sich sicher: „Was ich jetzt leide, leide ich selbst. Dort aber wird ein anderer in mir sein, der für mich leiden wird, da auch ich für ihn leiden werde.“ Imitiatio Christi in seiner äußersten Form. Der christliche Glauben in seiner schwersten und in gewisser Weise unverständlichsten Art der Nach-Folge.

Auch dass ist christlicher Glaube. An manchen Stellen undurchsichtig oder rissig, wie gesprungenes Glas. So als hätte jemand vergessen die Fenster zu putzen. Gottes Geist begegnet uns auch im gebrochenen Licht. Wir sitzen heute hier in und um eine Glaskirche herum. „Gottes Gartenhaus“ so heißt sie. In ihr ist der Traum von einer durchsichtigen und offenen Kirche ganz nah. Orangenbäume oder exotische Kakteen – in einem Glashaus kann oft vieles wachsen und gedeihen, das den klimatischen Bedingungen außerhalb der gläsernen vier Wände nicht standhalten würde. Ich wünsche mir in meiner Kirche viel Platz für dieses exotische Dasein. Kreative Ideen, die so manche Vorstellung sprengen und Raum für Neues, nie Dagewesenes schaffen. Mit welchem Ballon würden Sie gern in den Himmel steigen? Wie müsste diese Kirche aussehen? Ich persönlich würde den Clown bevorzugen, der mit den Füßen gegen den Himmel zeigt. Vom Kopf auf die Füße und wieder zurück. Ein Clown ist ja einer, der sich selbst nicht immer so wichtig nimmt. So ein Clown setzt sich auch mal die rote Nase auf, nur damit andere wieder lachen können. Ich wünsche mir eine Kirche in der Menschen lachen. Kein Kasperletheater der eigenen Befindlichkeiten und auch keine erzwungene Perfektion als eine Art Dienstleistungskirche in einer Dienstleistungsgesellschaft. Die Kirche heute braucht eine spielerische Kraft, die neuen Auftrieb gibt und in ungeahnte Weiten steuert. Löscht den Geist nicht aus, schreibt Paulus an die Thessalonicher! Wunderbar. Der Geist ist in euch! Ich füge hinzu: Löscht diesen kreativen Geist nicht aus, durch Eitelkeiten, durch Verwaltung, durch Trauer, über das was es nicht mehr geben wird. Löscht den Geist nicht aus! Schaut mit ihm von oben, nach neuen Perspektiven für diese Kirche. Eine Kirche, die sich wandelt und wandeln muss. Heute braucht es inmitten dieser Wandlungsbewegung auch einen guten Schutz vor dem Feuer, vor allzu viel Macherstimmung in der Kirche. Lasst euch nicht verbrennen in eurem Haupt- und Ehrenamt. Gott ist gegenwärtig in der Stille seiner Schöpfung. Im Gebet. Im Entzünden einer Kerze. Im Singen eines Liedes. Auch in den traurigen Momenten seiner Kirche. Eine Kirche mitten zwischen Pflanzen, Bäumen und Wiese, getragen von der Erde und dem Himmel entgegen gestreckt. Aus dieser Quelle können Menschen wieder neue Kraft schöpfen. In der Stille und Schönheit Gottes auftanken und den Heiligen Geist in sich wirken lassen. Dazu braucht es nicht besonderer Aktionen oder aufgeregter Events. In Gottes Schöpfung Mensch sein heißt: Gottes Geist ist einfach da.

Hier vorn auf dem Altar verschmilzt das Kreuz mit dem Himmel und der Erde. In meiner Vorstellung ist dieses Kreuz – als Glaubenssymbol der Christen – so eckig und kantig, so überraschend und Licht durchlassend wie dieses Glashaus. In ihm bin ich Jesus Christus nah. Wo sein Feuer in mir lebendig ist, dort spüre ich den Geist Gottes am Werk. Woran glaubst du? Ist das Motto der Themenwoche im ARD. Dazu wurde ich interviert und ich sage gern: Glaube ist wie Tanzen lernen, auch hier muss der richtige Takt gefunden werden. Er braucht Übung und Pflege. Dieser Takt kann für Christen aber auch ganz einfach sein. Ich glaube an Gott, den Vater. Ich glaube an Jesus Christus, seinen Sohn. Ich glaube an den Heiligen Geist und die heilige Christliche Kirche. Das kann heißen: Ich glaube an eine respektvolle Verbeugung vor dem, der Größer ist als ich. Ich glaube an den Himmel auf der Erde. Ich glaube, wir sind mittendrin. Ich glaube, dass das Leben 1000 Möglichkeiten hat und eine davon passt für mich. Ich glaube an die Liebe, obwohl mich liebeskummerdurchweinte Nächte eines anderen hätten lehren können, ich glaube, dass man nach jedem Scheitern neu anfangen kann. Ich glaube, dass alle Menschen gleich viel wert sind, ich glaube, dass Gott nicht rechnet. Ich glaube an den Frühling und die Kirchblüten, jedes Mal wieder. Ich glaube an den Verstand und ich glaube, dass man, wenn es sein muss, mit Christus über das Wasser gehen kann. Ich glaube, dass reden hilft. Träumen auch. Ich glaube an die Menschen in ihren Orten mit ihren Kirchen. Ich glaube, dass wir als Kirche eine kreative und lebendige Zukunft brauchen. Gottes leidenschaftliches Feuer des Glaubens kann uns sicher nach oben tragen. In diesen Höhen müssen wir die Navigation ihm überlassen und bereit sein für diese Abenteuerfahrt. Es geht dahin, wo sein Wind uns treibt. Ich glaube, heißt ich kann in diesen Korb steigen, das Feuer aufdrehen und alles Sichere und Festgefügte unten lassen. Ballast abwerfen, wenn es höher gehen soll. Plötzlich weht da ein Geist, der ganz neues Sehen ermöglicht. Neue Wege zeigen sich, Zusammenhänge und Wasser an Orten, an denen ich es bisher nie vermutet habe. Hoch soll Sie schweben! Diese Kirche braucht Feuer unter dem Hintern. 70 bis 80 Grad Celsius muss der Temperaturunterschied betragen, damit sie abheben kann. Wir können sie mit unserer Leidenschaft für Christus ordentlich anfeuern. Steigen Sie ein! Mit ihrem Lebensfeuer geht es weit in den Himmel hinauf! Vielleicht mit roter Nase … Vielleicht mit dem Optimismus eines Obelix oder mit der Standfestigkeit eines riesigen Dinosauriers. Hoch soll sie schweben!

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen

Pfarrerin Denise Scheel